Bild eines Dokumentes als Sinnbild für die Statuten

Corona-bedingte Verschiebungen

Die laufenden verschärften Einschränkungen zur Reduktion der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Corona-Virus verunmöglichen eine Zusammenkunft, sei es als Vorstandssitzung, sei es als Generalversammlung (Hauptversammlung / Mitgliederversammlung).

Grundsätzlich ist die Mitgliederversammlung das oberste Organ eines Vereins. Art. 64 uff des Schweizer Zivilgesetzbuches regeln die Organisation und Bedeutung. Im Gegensatz zu einer AG ist an der Mitgliederversammlung nicht das Kapital vertreten, sondern das Mitglied selber anwesend. Diese basisdemokratische Organisation verlangt denn auch die Präsenz an der Versammlung. Wer nicht anwesend ist, kann nicht mitbestimmen. Damit ist klar, eine Generalversammlung muss durchgeführt werden. Sie darf aber nicht. In dieser Zwickmühle muss der Vorstand entsprechend entscheiden.

Was geben die Statuten vor?

Ein Blick in die eigenen Statuten verschaffen Klarheit. Die meisten Statuten von Vereinen enthalten Vorgaben bezüglich dem Zeitraum, den Fristen und dem Recht, wie eine Generalversammlung einberufen wird. In diesem Fall spielen Zeitvorgaben eine wichtige Rolle. Ist nichts vorgegeben, so kann der Vorstand die Generalversammlung auf die Zeit in die Nach-Corona-Zeit verschieben. Gibt es Vorgaben wie zum Beispiel "im 1. Quartal" oder "im ersten Halbjahr" oder ähnliches müsste eine Statutenänderung vorgenommen werden. Dies ist aber nicht möglich, Statutenänderungen müssen an einer Generalversammlung vorgenommen werden. Die Katze beisst sich in den Schwanz. Ähnliche Probleme treten auf, wenn ein Teil der Mitglieder eine Generalversammlung verlangt. Auch hier Regeln die Statuten die Fristen. Diese sind meist kürzer angesetzt, da mit einer solchen ausserordentlich einberufenen Generalversammlung drängende Probleme behandelt werden müssen. Wieder steht der Vorstand vor demselben Problem.

Sind schriftliche Versammlungen oder Video-Konferenzen möglich?

Während für den Vorstand in den Statuten Zirkularbeschlüsse ermöglicht sein können, wiederspricht dies dem Grundgedanken der Versammlungsdemokratie. Auf dem Zirkularweg können keine Diskussionen geführt werden, welche zur Meinungsbildung notwendig sind. Video-Konferenzen sind theoretisch möglich, wenn zumindest gewährleistet wird

  • dass jedes Mitglied die technischen Möglichkeiten hat, daran teilzunehmen
  • dass gewährleistet ist, dass nur Mitglieder daran teilnehmen, und insbesondere Abstimmen können
  • dass die Software es erlaubt, die Diskussion geordnet zu führen
  • Abstimmungen durchzuführen

Nur schon der erste Punkt mag ältere Mitglieder, welche nicht über PC mit Kamera/Mikrofon oder Smartphone verfügen oder technisch nicht versiert sind, ausschliessen. Das wiederspricht dem Gedanken, dass an der Generalversammlung alle Mitglieder teilnehmen können.

Die weiteren Punkte können durch die meistverbreiteten Tools nicht gewährleistet werden. Da müssen besondere Instrumente bereitgestellt werden, welche auch entsprechende Kosten verursachen. Die aber können leicht das Budget eines kleineren Vereins sprengen. Darum im Vereinsalltag kaum machbar. Ausser der Verein bestehe aus nur einer handvoll Mitglieder, die können über Tools wie Skype, Zoom oder ähnliche genutzt werden.

Organisationen, welche sich schon früh mit der Digitalisierung beschäftigt haben, sind hier sicher im Vorteil.

Wäre eine Stellvertretung möglich?

Statt dass sich viele Mitglieder treffen, könnten die Mitglieder einige wenige Mitglieder bevollmächtigen, an ihrer Stelle teilzunehmen. Diese Möglichkeit besteht nur, wenn es die Statuten vorsehen. Allerdings müsste dann die Anzahl der Bevollmächtigten soweit reduziert werden, dass entweder die Zahl von (zur Zeit gültigen) 5 Personen inklusive Vorstand, der die Versammlung leitet, nicht überschritten wird. Kaum vorstellbar, da die meisten Vorstände schon um die fünf Mitglieder umfassen. Eine Videoconferenz wäre aber mit einer stark reduzierten Anzahl mit einfachen Mitteln wiederum möglich. Allerdings müssen die Vollmachtgeber auch entsprechend Weisung erteilen und die Bevollmächtigten müssen sich über die Anzahl zu vertretenen Stimmen ausweisen und müssen nach den Vorgaben der Vollmachtgeber stimmen, auch wenn diese nicht mit der persönlichen Meinung übereinstimmt. Kein einfaches Prozedere.

Was Sagt die Verordnung 2?

Der Bundesrat hat mit Art. 6a das bestehende Recht ergänzt. Demnach wäre der schriftliche Weg oder die elektronische Form möglich, auch wenn dies bisher nicht so gehandhabt wurde. Aber grundsätzlich bin ich der Meinung, dass eine Verschiebung dem Vereinsleben besser zuträglich ist, als der Einsatz neuer Mittel, welche noch nicht bekannt und vertraut sind. Stehen allerdings dringende Geschäfte im Raum, muss der Vorstand entscheiden, ob er von diesem Art. 6a gebrauch macht. Dies sollter er aber gegenüber seinen Mitgliedern auch gut kommunizieren.

Was bewirkt eine Verschiebung?

Aus diesen Überlegungen gibt es keine Alternative zur Verschiebung. Das hat zwar einige praktische Implikationen. So gibt es kein bewilligtes Budget oder die Mitgliederbeiträge für das laufende Jahr sind nicht festgelegt. Somit muss der Vorstand die Geschäfte mit äusserster Vorsicht und nur mit den notwendigsten Ausgaben führen, welche nur noch zur Wahrung des Vereins dienen. Neue Projekte oder geplant, noch nicht bewilligte Investitionen sind somit nicht möglich.

Da Wahlen auch nicht möglich sind, bleiben Vorstandsmitglieder oder andere gewählte Organe, wie Revisionsstelle, über die übliche Zeit im Amt.

Ebenfalls können Entscheide, deren Befugnis gemäss Gesetz oder Statuten der Generalversammlung obliegen, erst an der verschobenen Generalversammlung gefällt werden. Dies können je nach Statuten zum Beispiel die Aufnahme oder Ausschluss von Mitgliedern, Bildung von Kommissionen oder Ausschüssen, Bewilligungen von Projekten, usw. sein. Auch hier hilft der Blick in die Statuten.

Wie sag ich's meinen Mitgliedern?

Wie so oft in der Kommunikation gilt auch hier:

  • offene Kommunikation
  • rasche Kommunikation
  • Möglichkeiten der Rückmeldung

In diesen Zeit werden damit die Mitglieder für die Verschiebung Verständnis haben.

Was ist mit dem Rahmenprogramm?

Viele Generalversammlungen sind nicht nur reine Versammlungen, sondern oft auch ein gesellschaftlicher Anlass mit einem entsprechenden Rahmenprogramm. Dieser kann eine gemeinsame Mahlzeit, eine künstlerische Darbietung sein. Oft werden solche Anlässe, inklusive der notwendigen Räumlichkeiten, weit zum Voraus vereinbart. Hier gilt es rasch zu handeln und die entsprechenden Vereinbarungen aufzukündigen.

Wesentlich jedoch: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!

 

 

 
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